36. KAPITEL
Nachdem Ami Vergano ihren Fall dargelegt hatte, begann Brendan Kirkpatrick mit der Darstellung der Staatsanwaltschaft. Er befragte Dr. Ganett und die anderen Männer, die Vanessa im Krankenhaus gefangengenommen hatte. Kurz vor Mittag vertagte Richter Velasco das Gericht auf vierzehn Uhr.
Kirkpatrick war bedrückt, als er in das Büro des Bezirksstaatsanwaltes ankam, das im fünften Stock des Gerichtsgebäudes lag. Normalerweise verspürte er nach einem gelungenen Kreuzverhör eher Erleichterung, aber nach der Vernehmung von Vanessa Kohler wollte sich dieses Gefühl nicht einstellen. Kirkpatrick konnte es nicht genießen, jemanden zu besiegen, der voller Hass und krank war.
»Mr. Kirkpatrick«, rief die Empfangsdame ihm zu. »Mr. Stamm hat eine wichtige Nachricht wegen der Kautionsanhörung für Sie. Sie sollten Sie nach Ihrer Rückkehr vom Gericht sofort lesen.«
Jack Stamm war der Bezirksstaatsanwalt von Multnomah County und damit Kirkpatricks Vorgesetzter. Brendan ließ sich von der Empfangsdame die Nachricht aushändigen. Er runzelte verwirrt die Stirn, als er sie überflog. Einen Moment spielte er mit dem Gedanken, in Stamms Büro zu gehen und eine Erklärung für diese Instruktionen zu verlangen, aber die Nachricht befahl ihm unmissverständlich und kommentarlos zu tun, was darin verlangt wurde.
Brendan ging durch den schmalen Korridor vom Empfangstresen zu dem Großraumbüro, in dem die Staatsanwälte und ihre Mitarbeiter arbeiteten. General Wingate wartete im Konferenzzimmer, dessen Tür von zwei Männern des Secret Service bewacht wurde. Sie durchsuchten Brendan und seinen Aktenkoffer gründlich, bevor sie ihn einließen
General Wingate fixierte den Anklagevertreter mit dem scharfen Blick seiner blassblauen Augen, als er das Zimmer betrat. Neben ihm saß Bryce McDermott, sein politischer Berater. McDermott war sofort ins Konferenzzimmer geeilt, als Vanessas Kreuzverhör beendet war, um den General darüber zu informieren, was Carl Rice und seine Tochter ausgesagt hatten. Am Ende des Tisches saß ein stämmiger Mann in einem Lederjackett. Kirkpatrick konnte sehen, dass er eine Pistole trug. Der Mann ließ ihn nicht aus den Augen.
Das graumelierte Haar des Generals war militärisch kurz geschnitten. Er trug ein weißes Seidenhemd, einen kastanienbraunen Schlips und die Hose eines anthrazitfarbenen Anzuges. Das passende Jackett lag ordentlich gefaltet über einem Stuhl.
»Bryce hat mir gesagt, dass Sie ziemlich grob mit Vanessa umgegangen sind«, begrüßte Wingate den Staatsanwalt sichtlich erregt.
»Es ist mein Job, eine Kautionsanhörung zu gewinnen, aber ich versichere Ihnen, dass es mir keinen Spaß gemacht hat.«
Der General seufzte. »Ich weiß, dass Sie nur Ihre Arbeit tun, aber es schmerzt mich, wenn Vanessa leidet. Haben Sie Kinder, Mr. Kirkpatrick?«
»Nein«, antwortete Brendan. Seine Miene veränderte sich nicht, aber er fühlte einen Stich im Herzen. Seine Frau und er hatten über Kinder gesprochen, kurz bevor sie gestorben war.
»Alles, was die eigenen Kinder tun, selbst die kleinste Kleinigkeit, versetzt Sie entweder in Ekstase oder bereitet Ihnen Schmerzen. Bedauerlicherweise hat mir Vanessa nur wenig Freude bereitet. Trotzdem kann ich Sie nicht leiden sehen.«
»Leider muss ich Ihnen sagen, dass ich Sie ebenfalls in den Zeugenstand rufen werde, General.«
»Das dürfte doch kaum nötig sein, so wie Sie Carl und Vanessa ins Kreuzverhör genommen haben. Welche Zweifel kann der Richter denn noch an Ihrer Unzurechnungsfähigkeit haben? Er muss doch erkennen, dass er Vanessa in diesem Zustand auf keinen Fall gegen Kaution auf freien Fuß setzen kann!«
»General Wingate, wenn ich eines in meiner beruflichen Laufbahn gelernt habe, dann, dass man niemals Entscheidungen eines Richters oder einer Jury vorhersagen kann. Ich habe in diesem Gerichtsgebäude die seltsamsten Urteile erlebt. Ich weiß nur, dass man immer auf Nummer sicher gehen sollte. Außerdem brauche ich Sie, damit Sie dem Richter erklären können, warum Sie Ihre Tochter in Ihr Haus haben bringen lassen und was passiert ist, als Rice dort eingedrungen ist. Zudem halte ich es für sehr wichtig, dass Sie die Behauptungen über diese geheime Einheit, die Sie als Chef der AIDC angeblich geleitet haben, aus der Welt schaffen.«
Der General drehte sich zu McDermott herum. »Was halten Sie davon, Bryce?«
»Ich stimme Brendan zu. In dem Gerichtssaal drängt sich die gesamte Presse des Landes. Sie haben alles notiert, was Ihre Tochter und Rice behauptet haben. Wenn Sie auf diese Anschuldigungen nicht die richtige Antwort geben, werden die Medien anfangen zu spekulieren. Wir sollten diesen Unsinn im Keim ersticken.«
Wingate seufzte erneut. »Sie haben recht. Ich kann nicht behaupten, dass es mich froh stimmt, meiner Tochter gegenüberzusitzen und Dinge sagen zu müssen, die Ihre Überzeugung zementieren wird, ich wollte Ihr Leben zerstören.«
»Das verstehe ich, Sir, und ich werde versuchen, so weit wie mir möglich ist, auf Ihre Gefühle Rücksicht zu nehmen«, versprach Brendan.
»Ich nehme an, Mrs. Vergano teilt Ihre Einstellung nicht?« »Nein, Sir, ganz bestimmt nicht.«
Brendan Kirkpatrick und General Wingate marschierten durch die Doppeltür in den Gerichtssaal. Die Leibwächter des Generals umringten sie, und Bryce McDermott folgte ihnen auf dem Fuß.
Plötzlich flammten die Scheinwerfer der Fernsehkameras auf, und im Korridor brach die Hölle los. Dann schlössen sich die Türen, und der General ging zum Zeugenstand. Er blickte starr geradeaus, als nehme er eine Parade ab. Als er auf der Höhe seiner Tochter war, blieb er kurz stehen und lächelte sie bedauernd an. Vanessa antwortete mit einem hasserfüllten Blick. Wingates Lächeln erlosch, und er schüttelte traurig den Kopf.
Nachdem der Gerichtsdiener ihm den Eid abgenommen hatte, setzte sich der General in den Zeugenstand.
»Waren Sie jemals verheiratet?« begann Kirkpatrick, nachdem er Wingates militärische und unternehmerische Vergangenheit aufgeführt hatte.
»Ja, mit Charlotte Kohler, einer wundervollen Frau.«
»Was ist mit ihr passiert?«
Wingate senkte den Blick. »Sie kam bei einem Autounfall ums Leben.«
»Wann ist das passiert?«
»Mitte der sechziger Jahre. Der Tod ihrer Mutter hat Vanessa schwer getroffen.«
»Ist Vanessa Kohler ein Kind aus dieser Ehe?«
»Ja.«
»Wie würden Sie die Beziehung zu Ihrer Tochter beschreiben?«
»Wir standen uns nahe, bis ihre Mutter gestorben ist. Dann hat sie sich irgendwie eingeredet, ich wäre für den Autounfall verantwortlich gewesen, bei dem ihre Mutter starb. Sie war damals in der Pubertät, das ist ein sehr schwieriges Alter. Das hat unsere Beziehung sehr stark belastet.« Der General sah den Bezirksstaatsanwalt an. »Ich trage daran die Hauptverantwortung. Vanessa und ich lebten in Kalifornien, aber ich arbeitete viel, zu viel in Washington.«
»Sie waren der Leiter der Agentur zur Koordination von Geheimdienstdaten, AIDC?«
»Ja. Ich hätte mehr zu Hause sein müssen, aber das ging nicht, vor allem nicht, nachdem der Vietnamkrieg ausgebrochen war.«
»Gab es andere spezielle Ereignisse, welche die Beziehung zu Ihre Tochter weiter belasteten?«
Wingate nickte. »Im Jahr 1985 musste Vanessa erleben, wie Carl Rice den Abgeordneten Glass ermordete. Sie erlitt einen Nervenzusammenbruch und musste in psychiatrische Behandlung. Ich habe sie in ein Privatsanatorium verlegen lassen, wo sie die bestmögliche Pflege bekam. Sie behauptete jedoch zu meinem Leidwesen, die Behandlung sei Teil eines Komplotts gegen sie.« Wingate trank einen Schluck Wasser, bevor er weitersprach. »Es war sehr schmerzlich für mich, Vanessa in eine psychiatrische Klinik einweisen zu müssen, Mr. Kirkpatrick, aber für ihre geistige Gesundheit war es absolut notwendig, sie in die Obhut des Serenity Manor zu geben.«
Der General senkte den Blick. »Nach ihrer Einweisung weigerte sie sich, auch nur mit mir zu sprechen.«
»Wie lange kannten Sie Carl Rice?«
»Ich glaube, wir haben uns 1969 in meinem Haus in Kalifornien zum ersten Mal getroffen. Carl war ein Klassenkamerad meiner Tochter.«
»Wie war Ihr erster Eindruck von Mr. Rice?«
»Ich mochte ihn. Er war klug, drückte sich gewählt aus und war ein ernsthafter Student und Sportler.«
»Sie wissen, dass Mr. Rice Sie beschuldigt hat, der Anführer einer geheimen Einheit der Army zu sein und ihn während des Vietnamkrieges rekrutiert zu haben?«
»Ja.« »Sind Sie ebenfalls darüber informiert, dass er behauptet, diese Einheit habe auf Ihren Befehl hin illegale Handlungen begangen, zu denen auch Mord gehörte?«
»Ja.«
»Ist Ihnen weiterhin bewusst, dass Mr. Rice ausgesagt hat, Sie hätten ihm befohlen, den Kongressabgeordneten Glass zu ermorden, um Dokumente wiederzubeschaffen, die Ihre Tochter aus dem Safe Ihres Hauses in Kalifornien gestohlen hat? Diese Dokumente sollten angeblich die Existenz dieser geheimen Einheit beweisen.«
»Ich habe von dieser Aussage gehört.«
»Haben Sie Carl Rice befohlen, Eric Glass zu töten?«
»Nein, absolut nicht.«
»Hat diese geheime Einheit jemals existiert?«
»Nein. Die Agentur zur Koordination von Geheimdienstinformationen arbeitet mit Geheimdienstmaterial, das andere Dienste zur Verfügung stellen, zum Beispiel die CIA. Die Statuten der AIDC erlauben es uns nicht, eigene Agenten zu beschäftigen.«
»Was ist mit diesen Unterlagen über diese geheime Einheit, die Ihre Tochter angeblich aus Ihrem Safe gestohlen hat und die Mr. Rice seinen Worten nach dem Kongressabgeordneten Glass abgenommen hat? Was können Sie dazu sagen?«
»Mr. Kirkpatrick, diese Unterlagen sind eine Ausgeburt der Phantasie von Mr. Rice und meiner Tochter. Sie waren niemals in meinem Safe, und zwar ganz einfach deshalb nicht, weil sie niemals existiert haben.«
»Können Sie sich erklären, warum Mr. Rice die Geschichte über diese geheime Einheit erfunden hat?«
General Wingate zögerte. »Ich habe tatsächlich eine Theorie«, antwortete er schließlich
Richter Velasco schaute Ami an, weil er ihren Einspruch erwartete. Als sie schwieg, schrieb er das ihrer Unerfahrenheit zu.
»Bitte schildern Sie diese Theorie dem Gericht.«
»Ich bin nicht besonders stolz auf das, was ich jetzt sagen werde. Damals glaubte ich, zum Besten aller Beteiligten zu handeln.«
Wingate sammelte sich kurz. Ami sah einen Mann, der sich gezwungen sah, eine notwendige, wenn auch bedauerliche Pflicht zu erfüllen. Am Schweigen im Gerichtssaal merkte man, dass er seine Zuhörer und auch den Richter in seinen Bann geschlagen hatte.
»Mr. Rice war ein außerordentlich intelligenter junger Mann, der einen vorzüglichen ersten Eindruck machte. Im Gegensatz zu den anderen Schülern der St. Martins Prep hatte er ein Stipendium bekommen. Ich komme selbst aus einer armen Familie und war ebenfalls auf Stipendien angewiesen. Ich weiß, wie schwer es für jemanden aus einer armen Familie ist, mit anderen Kindern zusammen zu sein, die alles haben. Erst viel später habe ich herausgefunden, dass Carl Rice zutiefst gestört war, vor allem, was seine Beziehung zu mir anging.
Der Vater von Mr. Rice hat seine Familie verlassen, als Carl noch sehr jung war. Seine Mutter hat ihn großgezogen. Es gab bei ihm zu Hause keine starke Vaterfigur. Mir wurde sehr bald klar, dass er Vanessa wegen ihres Reichtums beneidete und wünschte, zu unserer Familie zu gehören. Er begegnete mir wie einem Vater. Mir ist das zunächst nicht aufgefallen, sonst hätte ich mich natürlich von Carl distanziert.«
»Hat ein besonderer Vorfall Sie darauf aufmerksam gemacht, dass es da ein Problem gab?«
»Ja. Damals kannte ich einen Mann, der Kämpfe zwischen Gegnern verschiedener Kampfsportarten organisierte. Boxer kämpften gegen Ringer, Judoka gegen Kickboxer. Ich habe Carl zu einem dieser Kämpfe mitgenommen, weil er ein begeisterter Karateschüler war. Einer der Kämpfer war ein Schwarzgurt namens Torrance. Er leitete ein Dojo und war ein lokaler Karatemeister. Nachdem er gewonnen hatte, diskutierten Carl und ich den Kampf. Ich fragte ihn, wie er wohl gegen Torrance abschneiden würde. Es war eine beiläufige Unterhaltung, und ich habe mir nichts weiter dabei gedacht. Einige Wochen später fand ich einen Umschlag in meiner Post, der keinen Absender hatte. In dem Umschlag befand sich nur ein Zeitungsausschnitt über Torrance. Jemand war in sein Karatestudio eingebrochen und hatte ihn fast totgeschlagen. Ich war sicher, dass Carl der Angreifer war und mir diesen Ausschnitt geschickt hatte, um mich zu beeindrucken. Ich fühlte mich schrecklich, weil ich vielleicht unabsichtlich Carl verleitet hatte, Torrance anzugreifen, und ich machte mir ernstliche Sorgen, dass eine so labile Persönlichkeit meiner Tochter so nahestand. Leider konnte ich Vanessa nicht dazu bringen, mit Carl zu brechen. Während ihres letzten Schuljahres war unsere Beziehung sehr angespannt. Wenn ich ihr vorgeschlagen hätte, sich von Carl zu trennen, hätte sie die Beziehung zweifellos noch intensiviert, nur um mich zu verletzen.«
»Was haben Sie gemacht?« erkundigte sich Brendan.
»Ich dachte daran, die Polizei einzuschalten, aber ich hatte keine Beweise, dass Carl etwas damit zu tun hatte. Außerdem hatte er ein Stipendium für eine Universität erhalten, und ich wusste, dass eine Verhaftung seine Chancen, ein College zu besuchen, zunichte gemacht hätten. Außerdem fühlte ich mich mitschuldig an dem, was da geschehen war. Dann griff das Schicksal ein. Carl erhielt seinen Einberufungsbefehl und kam zu mir, um mich um Rat zu fragen.«
»Hatten Sie etwas mit dieser Einberufung zu tun?«
»Nein. Das ist ebenfalls eine von Vanessas Wahnvorstellungen.« »Fahren Sie fort.«
»Carl wollte wissen, ob ich es für besser hielt, wenn er zum Militär ging oder sich zurückstellen ließ. Ich hätte ihm raten sollen, auf das College zu gehen, aber ich wollte ihn so weit von Vanessa weg haben wie möglich. Also überredete ich ihn, zur Army zu gehen. Ich hätte es vielleicht nicht ausnutzen sollen, dass er mich als Vaterfigur sah, aber ich tat es trotzdem, um meine Tochter zu beschützen. Außerdem glaubte ich wirklich, dass Carl beim Militär reifen würde. Als er Vanessa 1985 wiedersah, wusste er natürlich, wie sehr sie mich hasste. Ich glaube, er hat diese Geschichte von der geheimen Einheit erfunden, um sie zurückzugewinnen. Er war wohl immer noch in sie verliebt.«
»Haben Sie Mr. Rice zwischen seinem letzten Schuljahr und dem Tag wiedergesehen, als er in Ihr Haus eindrang?«
»Nein. Wir hatten nichts miteinander zu tun.«
»Sie haben ihn nicht nach seinem ersten Kampfeinsatz in Vietnam in Ihr Haus eingeladen, und ihn dort zu dieser geheimen Einheit rekrutiert?«
»Nein. Er war weder in meinem Haus in Virginia, noch gab es, wie ich bereits ausgesagt habe, eine geheime Einheit.«
»Sie haben ihn auch nicht in einem Motel in Maryland getroffen und ihm befohlen, den Kongressabgeordneten Eric Glass zu Tode zu foltern?«
»Ganz bestimmt nicht.«
»Gut, kommen wir auf jüngere Ereignisse zu sprechen. Bitte schildern Sie dem Richter, wie die Angeklagte in Ihr Haus kam, nachdem Sie Mr. Rice zur Flucht aus dem County Krankenhaus verholfen hatte.«
»Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass ich entsetzt war, dass Vanessa mit einer so gefährlichen Person auf der Flucht war. Also befahl ich einigen meiner Leute bei Computex ...« »Ist das Ihr Unternehmen?«
»Ja. Wir haben eine sehr gut ausgebildete Sicherheitsabteilung aus ehemaligen Green Berets und Rangers. Ich habe diese Männer eingesetzt, um meine Angestellten aus Afghanistan zu retten. Diese Leute habe ich hinter Vanessa hergeschickt, weil ich wusste, wie gefährlich Carl sein konnte. Glücklicherweise fanden Sie meine Tochter, bevor Carl ihr etwas antun konnte. Meine Leute sollten Vanessa zu mir bringen. Ich wollte die Behörden verständigen, wenn ich für sie einen juristischen und psychiatrischen Beistand besorgt hatte.« Wingate hielt nachdenklich inne. »Vielleicht hätte ich meine Männer instruieren sollen, Vanessa sofort der Polizei zu übergeben, aber ich konnte seit dem Tod Ihrer Mutter nur so wenig für sie tun und ... Ich habe das vielleicht falsch eingeschätzt, aber ich würde vermutlich wieder genauso handeln.«
»Was ist passiert, nachdem Sie erfahren haben, dass Vanessa gerettet wurde?«
»Ich war in Cleveland und hielt dort eine Wahlkampfrede. Ich flog umgehend nach Hause.«
»Erzählen Sie dem Gericht, was Carl Rice getan hat, nachdem er erfuhr, dass Ihre Tochter bei Ihnen zu Hause war.«
»Kurz nach meiner Ankunft ist Carl in mein Haus eingedrungen.«
»Wurde jemand dabei verletzt?«
»Ja. Einige meiner Männer wurden getötet oder verwundet.«
»Was hat Mr. Rice getan, als er im Haus war?«
»Er ist in das Zimmer eingedrungen, wo Vanessa sich aufhielt. Ich sprach gerade mit ihr, als Carl angriff. Einer meiner Leute lenkte Carl ab, und ich konnte entkommen. Ich habe die Wachen alarmiert. Wir haben ihn festgehalten, bis die Polizei kam. Meine Tochter hatte einen FBI-Agenten namens Victor Hobson angerufen, der ihre Kapitulation aushandelte. Ich bin ihm sehr dankbar, weil Vanessa nichts passiert ist.«
»Ich habe keine weiteren Fragen an General Wingate«, erklärte der Stellvertretende Bezirksstaatsanwalt.
Der Richter nickte Ami zu. »Ihr Zeuge, Mrs. Vergano«, sagte er.
Ami zog eine Liste mit zehn Namen aus ihren Akten.
»Danke, Euer Ehren«, sagte sie und stand auf. »General Wingate«, begann sie. »Wer ist Arthur Dombrowski?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Wer ist Frederick Skaarstad?«
»Diesen Namen habe ich noch nie gehört.«
Ami las noch sieben weitere Namen vor. Der General leugnete ausnahmslos, dass er einen von ihnen kannte.
»Aber Carl Rice kennen Sie?« fragte Ami und sah von der Liste auf.
»Ja.«
»Würde es Sie überraschen, dass ich Ihnen gerade die Namen von zehn Männern von einer Liste vorgelesen habe, die sich in den Unterlagen befand, die Ihre Tochter aus Ihrem Safe in Ihrem Haus in Kalifornien genommen und dem Kongressabgeordneten Eric Glass gegeben hat?«
»Mrs. Vergano, diese Unterlagen existieren nur in der Phantasie meiner Tochter. Ich nehme an, dass Sie Ihnen diese Namen genannt hat, aber ich habe keine Ahnung, woher Sie diese Namen hat.«
Ami starrte den General an, der sich gegen weitere Fragen des Kreuzverhörs wappnete. Doch nach einem Moment schüttelte sie einfach nur den Kopf.
»Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.« Der General warf einen überraschten Blick zu Kirkpatrick hinüber, der nur mit den Schultern zuckte.
»Haben Sie noch mehr Zeugen, Mr. Kirkpatrick?« fragte Richter Velasco.
»Können wir die Verhandlung unterbrechen, damit ich mit ihm beraten kann?«
»Wie lange brauchen Sie?«
»Zwanzig Minuten, vielleicht eine halbe Stunde.«
»Einverstanden. Wir unterbrechen das Verfahren für eine halbe Stunde.«
Als Wingate und Kirkpatrick den Gang zu den Türen des Gerichtssaals entlang marschierten, bildeten die zwei Agenten vom Secret Service und die Leibwächter des Generals einen engen Kreis um sie. Vor dem Gerichtssaal warteten weitere Sicherheitsleute des Generals. Kirkpatrick stieß die Türen auf, und die Lichter der Kameras flammten auf, während die Journalisten den Präsidentschaftskandidaten mit Fragen bombardierten.
»Der General gibt in einer Stunde eine Pressekonferenz in seinem Hotel.« Bryce McDermotts Stimme übertönte den Lärm. »Bis dahin beantwortet er keine Fragen.«
»Gehen wir nach oben und bringen wir uns vor dem Mob in Sicherheit«, schlug Brendan vor.
Sie eilten im Laufschritt die Marmortreppe zum Büro des Bezirksstaatsanwaltes hinauf. Kirkpatrick führte den General zum Konferenzzimmer.
»Bevor Sie gehen, möchte sich noch jemand mit Ihnen unterhalten«, sagte Brendan vor der Tür zu Wingate.
»Wir haben nicht viel Zeit«, mischte sich McDermott ein.
»Der General muss morgen in Pittsburgh sein, und außerdem müssen wir noch diese Pressekonferenz geben.« »Leider ist das sehr wichtig«, beharrte Brendan und öffnete die Tür zum Konferenzzimmer.
»Guten Tag, General.« Ted Schoonover, der Sicherheitschef von Präsident Jennings, saß an dem großen Konferenztisch, neben ihm Victor Hobson. »Den Stellvertretenden Direktor kennen Sie ja bereits, stimmt's?«
McDermott deutete auf Schoonover. »Was will der denn hier?« fauchte er Brendan ärgerlich an.
»Mr. Kirkpatrick hat keine Ahnung, Bryce«, meinte Schoonover liebenswürdig. »Den Grund meines Besuchs kann ich leider nur mit General Wingate unter vier Augen besprechen. Also warten alle außer General Wingate und Direktor Hobson bitte draußen.«
»Vergessen Sie's!« erwiderte McDermott scharf. »General, wir haben keine Zeit für einen Plausch mit Jennings Kriegshäuptling ...«
»Sie haben keine Wahl, Mr. McDermott«, mischte sich Hobson ein. »Dieses Treffen gehört zu einer polizeilichen Ermittlung, und kraft meiner Autorität als Bundesagent räume ich dieses Zimmer. Sie, die Leibwächter des Generals und der Secret Service warten draußen.«
McDermott wollte protestieren, als Wingate die Hand hob.
»Tun Sie ihm den Gefallen, Bryce.«
»Aber ...«
»Ich komme schon allein zurecht.«
Nachdem sich die Tür hinter Kirkpatrick, McDermott und den Männern des Generals geschlossen hatte, setzte sich Wingate auf einen Stuhl gegenüber von Schoonover und dem Stellvertretenden FBI-Direktor.
»Wir haben ein Problem, General. Das heißt, Sie haben eines«, begann Schoonover.
»Welches Problem?« fragte Wingate
»Ich fürchte, dass einige Ihrer Aussagen unter Eid gelogen waren. Ich dachte, Sie würden das lieber klären, bevor die Presse es herausfindet.«
»Ich kann Ihnen leider nicht folgen«, sagte General Wingate.
»Sie haben ausgesagt, dass Sie zwischen seiner Schulzeit und dem Tag, an dem er in Ihr Haus eingedrungen ist, keinen Kontakt zu Carl Rice hatten.«
»Das ist richtig.«
»Während Ihres Kreuzverhörs hat Mrs. Vergano Ihnen von einer Liste Namen von Männern vorgelesen, die angeblich in der geheimen Einheit waren, die Sie innerhalb des AIDC leiteten. Sie sagten, Sie hätten sie nie gehört.«
»Das stimmt.«
Schoonover nahm einen Stapel Unterlagen aus seinem Aktenkoffer und schob sie über den Tisch.
»Wie erklären Sie dann das da?« fragte er.
Der General blätterte die Papiere kurz durch. Sie waren von Zahlen und Buchstaben übersät, die eine Art Kode darzustellen schienen.
»Was ist das?« fragte er.
»Möchten Sie das erklären, Victor?« schlug Schoonover vor.
»Sicher. Ihre Tochter hat die persönlichen Unterlagen der Männer Ihrer geheimen Einheit aus Ihrem Safe entwendet.«
Wingate lächelte. »Es gab keine solchen Unterlagen, Mr. Hobson. Sie sind ...«
»Ja, ja«, fiel Hobson ihm kühl ins Wort. »Auswüchse der Phantasie zweier ernsthaft gestörter Persönlichkeiten, das haben Sie ausgesagt. Ich bin auch davon überzeugt, dass die Originale nicht mehr existieren. Sie wären ein Narr, wenn Sie die Dokumente behalten hätten. Aber Ihre Tochter ist ebenfalls nicht dumm. Vanessa hat sich die Namen der Männer notiert, bevor sie die Dokumente dem Kongressabgeordneten gegeben hat. Mit ihrer Hilfe gelang es mir, diese Dokumente aufzuspüren, die Ted Ihnen eben gegeben hat.«
»Sie sehen aber nicht gerade aus wie Personalakten des Militärs«, gab der General zurück.
»Das sind sie auch nicht. Ich habe wegen der Personalakten eine Suchanfrage an das Archiv der Army in St. Louis gerichtet. Sie fanden Dokumente für alle Männer auf Vanessas Liste, die seltsamerweise alle den offiziellen Armyunterlagen von Carl Rice ähneln. Die Männer hatten allesamt nur sehr wenige Kampfeinsätze absolviert, die meisten davon am Anfang ihre militärischen Karrieren. Laut den Akten haben sie größtenteils in den Staaten gedient. Und keiner hatte einen höheren Rang als Sergeant. Ich habe jedoch nicht nur nach den Personalakten gesucht. Carl hat immer behauptet, er sei Captain gewesen. Der Sold eines Captains ist beträchtlich höher als der eines Sergeant. Vanessa hat mir den Tipp gegeben, nach den Soldabrechnungen zu suchen. Merkwürdigerweise existierten in St. Louis für keinen dieser Männer irgendwelche Aufzeichnungen darüber. Der Beamte, mit dem ich gesprochen habe, berichtete mir von einem rätselhaften Feuer, das 1973 viele Aufzeichnungen zerstörte.«
Hobson hielt inne und starrte den General an, aber Wingate reagierte nicht. Daraufhin lächelte Hobson.
»Mitte der neunziger Jahre wurden dann viele Mikrofilme vernichtet, als die Informationen auf digitale Medien übertragen wurden«, fuhr er fort. »Ich dachte schon, ich sei in einer Sackgasse gelandet, als dem Beamten einfiel, dass die Finanz-und Buchführungsdienststelle des Verteidigungsministeriums in Indianapolis Kopien der originalen Soldabrechnungen auf Mikrofilm aufbewahrt.« Hobson schüttelte den Kopf. »Ich bin durch die Hölle gegangen, um dieses Zeug zu finden. Schließlich stöberte ich die Mikrofilme in alten Kartons auf, in denen dreihundert Meter Rollen lagen. Meine Männer und ich sind bei der Suche fast erblindet, aber schließlich fanden wir die Soldabrechnungen für diese zehn Männer.«
»Diese Zahlen und Buchstaben sagen mir leider nichts«, behauptete Wingate.
»Aber Sie können bestimmt die Namen oben auf den Listen lesen. Es sind dieselben Namen, die Mrs. Vergano Ihnen vorgelesen hat, die Namen, die bei Ihnen unter Eid keine Erinnerungen ausgelöst haben.«
Hobson legte ein Dokument auf den Tisch. »Das ist die Soldabrechnung von Carl Rice für seine Zeit in der Army, von 1970 bis 1985. Sie finden eine Kopie in diesem Stapel.«
Wingate suchte das entsprechende Blatt und starrte darauf.
»Ich bin zunächst auch nicht daraus schlau geworden«, erklärte Hobson, »aber ein Sachbearbeiter beim Finanzdienst des Verteidigungsministeriums konnte den Code für mich entschlüsseln. Wichtig ist die Höhe des Soldes für jeden einzelnen Mann. Carl bekam den Sold eines Captains, und zwar von dem Moment an, nach dem er seiner Aussage nach anfing, für Sie zu arbeiten. Außerdem erhielt er hohe Gefahrenzulagen, die er wohl kaum für seinen Job in der Sprachenschule erhalten hat. Das Wichtigste jedoch ist, dass jemand die Beförderung dieser Männer autorisieren musste, damit diese erhöhten Zahlungen gerechtfertigt waren. Auf der Seite jeder dieser Männer steht ein Kode, der ihre Beförderung zum Captain autorisiert, damit sie als Captains bezahlt werden konnten. Die Beförderungsunterlagen dieser Männer lagen bei ihren Soldabrechnungen.«
Hobson schob sie über den Tisch.
»Sie wurden ausnahmslos von Ihnen gegengezeichnet, General«, sagte Schoonover.
Wingate sah die Dokumente an, berührte sie jedoch nicht.
»Victor, würden Sie bitte kurz nach draußen gehen?« bat Schoonover
Hobson stand wortlos auf und ließ Wingate nicht aus den Augen, währen er um den Tisch herumging. Der General war blass geworden.
»Was will Jennings?« fragte Wingate, sobald er und Schoonover allein waren.
»Er würde es liebend gern sehen, wenn Sie in der Todeszelle in Kalifornien auf Ihre Hinrichtung für den Mord an Eric Glass warteten. Ehrlich gesagt, würden wir das beide gern sehen.«
»Dazu wird es nicht kommen.« Wingate schob den Stapel Papiere verächtlich von sich. »Dieser Berg von Zahlen und Buchstaben bringt Sie keinen Schritt weiter. Ebenso wenig wie die Aussage meiner Tochter, einer Psychiatriepatientin, oder die des geständigen Massenmörders Carl Rice.«
»Carl hat drei Lügendetektortests bestanden, seit wir ihn in Gewahrsam genommen haben. Vanessa ebenfalls.«
»Lügendetektortests sind vor Gericht nicht zugelassen.«
Schoonover lächelte kalt. »Das stimmt, aber Journalisten sind zugelassen. Die Kautionsanhörung ist nur unterbrochen. Wie lauten wohl die Schlagzeilen der Zeitungen Ihrer Meinung nach, wenn diese Dokumente als Beweismittel zugelassen werden? Sie haben unter Eid ausgesagt, dass Sie von diesen Männern nie gehört und Carl nach seinem Highschool-Abschluss nie wieder getroffen haben. Ihre Unterschrift auf den Soldabrechnungen beweist, dass Sie gelogen haben.«
»Diese Dokumente sind Fälschungen. Vermutlich hat Jennings sie von CIA-Spezialisten anfertigen lassen.«
»Wo Sie gerade die CIA erwähnen. Da fällt mir doch glatt noch etwas ein. Erinnern Sie noch an den Besuch eines CIA-Agenten kurz nach dem Mord an Eric Glass?«
»Nein.«
Schoonover nickte. »Charles hat prophezeit, dass Sie jedes Wissen um dieses Treffen abstreiten würden. Gregory Sax, der Agent, ist tot. Er wurde Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls, der sich kurz nach dem Mord an Peter Rivera ereignete.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Sax war 1985 der Verbindungsmann Ihrer Einheit zum Weißen Haus. Als Vanessa der Polizei sagte, dass Carl Rice den Abgeordneten Glass ermordet hat, wusste Sax, dass ein Mitglied der Einheit für diesen Mord verantwortlich war. Er bekam Gewissensbisse. Er hatte zwar einige Missionen der Einheit befürwortet, aber sie waren immer irgendwie dadurch gerechtfertigt, weil sie angeblich der nationalen Sicherheit dienten. Der Mord an Glass ging jedoch für ihn zu weit. Sax informierte Präsident Reagan und sagte ihm, diese Einheit müsse aufgelöst werden. Und Sax hat Ihnen 1985 Präsident Reagans Befehl überbracht, diese Einheit aufzulösen. Das haben Sie auch getan - auf Ihre Art! Sie haben diese hervorragenden Soldaten eiskalt in den Tod geschickt. Dann haben Sie es so arrangiert, als habe Carl Rice General Rivera ermordet, um an die Codes der geheimen Konten zu kommen. In Wirklichkeit haben Sie ihn umgebracht und das Geld gestohlen, stimmt's?«
»Wie schade, dass sowohl Sax als auch der Präsident, dem er angeblich etwas über Vanessas geheime Einheit erzählt hat, tot sind. Wie geht das Märchen weiter?«
»Als Sax ermordet wurde, hat Präsident Reagan einen klugen, jungen CIA-Agenten beauftragt, eine geheime Untersuchung über diese Einheit durchzuführen. Dieser Agent hieß Charles Jennings.«
»Ah. Und jetzt will sich Charles vor die Kameras stellen und der Welt von seiner geheimen Untersuchung erzählen, die zufällig beweist, dass ausgerechnet der Mann, der aussichtsreich gegen ihn kandidiert, ein Dieb und Mörder ist?«
»Der Präsident wird sich hüten, aber er weiß, dass Sie Dreck am Stecken haben, Morris. Er muss weder davon überzeugt werden, dass Sie Ihre Männer in Vietnam geopfert haben, noch dass Sie die Millionen aus dem Fond gestohlen haben, um sich bei Computex einzukaufen. Und auch nicht davon, dass Sie hinter den Morden an Sax, Glass und Rivera stecken. Solange Rice vermisst wurde, konnten wir nichts beweisen. Dann aber erstand Carl Rice von den Toten auf. Und jetzt haben wir auch noch die Soldabrechnungen der Männer, die Sie angeblich nicht kannten, aber deren Beförderungen in einen Rang, den sie den offiziellen Unterlagen nach nie hatten, Ihre Unterschrift trägt.«
»Das ist wirklich sehr unterhaltsam. Leider muss ich jedoch gleich eine Pressekonferenz geben. Außerdem wartet eine Maschine nach Pittsburgh auf mich.«
»Verkünden Sie auf der Pressekonferenz, dass Sie aus dem Rennen ausscheiden!«
»Niemals.«
»Dann veröffentlichen wir diese Soldabrechnungen. Das Justizministerium wird untersuchen, woher Sie das Geld haben, mit dem Sie sich in Computex einkauften, und wir werden den Flugzeugabsturz unter die Lupe nehmen, bei dem Simeon Brown ums Leben kam. Bei so viel negativer Publicity werden Sie von Glück reden können, wenn Sie bei den Vorwahlen überhaupt Stimmen bekommen. Der Präsident hat danach weitere vier Jahre Zeit, Ihnen das Leben zur Hölle zu machen.«
»So etwas passiert nur in Bananenrepubliken, Ted«, antwortete Wingate gelassen. »Die Person, die an der Macht sitzt, lässt die unbequeme Opposition verhaften. Sollte Charles das bei mir versuchen, erziele ich bei den Vorwahlen einen Erdrutschsieg.«
»Sie können die Abstimmung gern im Gefängnis verfolgen, falls die anderen Gefangenen einverstanden sind, in der WahlNacht Nachrichten zu sehen«, erwiderte Schoonover.
Wingate stand auf. »Sie sind ein Schaumschläger, Ted. Falls Sie diese verrückten Forderungen aufrechterhalten, werde ich auf meiner Pressekonferenz die erpresserischen Drohungen enthüllen, die Sie soeben gemacht haben. Brendan Kirkpatrick und die Secret-Service-Agenten unter meinen Männern werden der Welt schildern, dass der Kriegshäuptling des Präsidenten auf dieses private Treffen bestanden hat. Dann besorge ich mir die besten Experten, die man mit Geld kaufen kann, um zu beweisen, dass diese Dokumente falsch sind.«
Schoonover lächelte. »Als ich in Vietnam war, hatten wir einen Namen für Jungs wie Sie, Männer, die andere Leute für ihre schmutzige Arbeit in den Tod geschickt haben. Wir nannten sie hinterfotzige Etappenhasen. Wir haben sie verabscheut, so wie ich Sie verabscheue. Deshalb wird es mich mit Stolz erfüllen, derjenige zu sein, der Sie zu Fall bringt.«
Sam Cutler kümmerte sich um die Sicherheitsmaßnahmen für den Auftritt des Generals in Madison, Wisconsin, als sein Boss in die Hotelsuite stürmte. Wingate war sehr ruhig und selbstsicher gewesen, als er zu den Reportern bei der Pressekonferenz gesprochen hatte, aber nun kochte er.
»Sam!« brüllte er. Cutler beendete sein Telefonat und folgte dem General ins Schlafzimmer.
»Ist dieser Raum sauber?« fragte Wingate.
»Wir können reden«, versicherte ihm Cutler.
Während sie sich für den Flug nach Pittsburg umzogen, schilderte Wingate Cutler sein Treffen mit Schoonover.
»Diese Dokumente können uns schaden«, erklärte der General, »aber unser größtes Problem ist Carl Rice. Vanessa weiß nur, was er ihr erzählt hat. Carl ist der Schlüssel.«
»Was soll ich tun?« fragte Cutler.
Wingate starrte seinen Handlanger an. »Stell dich nicht dumm!«
»Rice wird verschwinden, General. Jennings wird ihn in ein sicheres Haus schaffen.« »Dann finde ihn. Benutze unsere Kontakte zum Justizministerium und zum CIA. Zahle, was nötig ist, aber finde ihn. Und vergiss nicht, Sam, ich bin nicht der einzige, der in der Klemme sitzt. Du hast ebenfalls eine Menge zu verlieren, solange Carl Rice am Leben ist.«